Am Beginn der Maiszüchtung auf dem Pachtgut des Schlosses Kornberg im Jahr 1948 stand die Ankurbelung der Produktion von Lebensmitteln und deren Verteilung an die notleidende Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg im Vordergrund. Die damaligen Initiatoren, Kammeramtsdirektor Hofrat DI Heinrich Hornich, Leiter der Pflanzenbauabteilung der Landwirtschaftskammer, OLR DI Walter Czerwinka und der für die Maiszüchtung verantwortliche Direktor Ing. Fritz Mayerl, erkannten die Chancen für den Maisanbau und entschlossen sich zur Errichtung einer eigenen Saatzuchtanstalt in der Steiermark. |
Neben dem Züchtungsschwerpunkt der Entwicklung von Maishybriden wurden die Kulturen Hirse, Sirk, Stangenbohnen, Tabak, Ackerbohnen und Ölkürbis in die züchterische Arbeit aufgenommen und ausgebaut. Nach dem die Ackerbohnensorte „Kornberger Kleinkörnige“ bereits im Jahr 1955 zugelassen wurde, erfolgte 1969 die Zulassung der Ölkürbissorte „Gleisdorfer Ölkürbis“. Der Bedarf an Hybridmais-Saatgut für den österreichischen Markt lag damals bei ca. 4.000 Tonnen - 50 % davon stammten von Sorten aus Gleisdorf. Für den internationalen Markt gab es die ersten Zulassungen von Gleisdorfer Sorten in Deutschland, Jugoslawien und Großbritannien. |
Im Jahr 1984 wurde die Eigentümerstruktur der Saatzucht Gleisdorf neu aufgestellt; die Genossenschaftsorganisation stieg als Mehrheitseigentümer in das Züchtungsunternehmen ein, das bis zu diesem Zeitpunkt im alleinigen Eigentum der Landwirtschaftskammer Steiermark stand. Im Mittelpunkt des Zuchtprogramms stand die Entwicklung neuer, leistungsfähiger Gleisdorfer Sorten. Nachdem Herr Ing. Rath in den Ruhestand trat, übernahm Frau DI Johanna Winkler die Hauptverantwortung für Ölkürbis, Ackerbohne, Sojabohne und Spezialkulturen. Herr DI Johann Plienegger startete ein neues Maiszuchtprogramm, welches auf neuen, anerkannten Züchtungsmethoden aufgebaut wurde. |
Als Ergebnis des erweiterten Ackerbohnen-Zuchtprogramms erfolgte 1993 die Zulassung der weißblühenden und tanninarmen Ackerbohnensorte Gloria. Diese und weitere Sorten wurden erfolgreich auf den Märkten in Österreich, Deutschland, Frankreich und Skandinavien verkauft. Ebenso erfolgreich waren die Maissorten Levanta, Monika und Musinia, die in den Jahren 1992 - 1997 zugelassen wurden. Ein weiterer Schritt in der internationalen Züchtungszusammenarbeit erfolgte durch den Beitritt der Saatzucht Gleisdorf zur IG Pflanzenzucht mit Sitz in München. Die Saatzucht Gleisdorf kann als Gesellschaftsmitglied verstärkt Agenden der Sortenprüfung bei Getreide sowie die Vertretung der Sortenrechte für die Mitglieder der IG Pflanzenzucht in Österreich übernehmen. |
In den Jahren 2012 - 2014 wurden am Standort Gleisdorf maßgebliche Investitionen vorgenommen. Insgesamt wurden über 1,8 Mio. Euro in die folgenden neuen Errichtungen investiert: Neues Kühllager für Zuchtmaterial und Basissaatgut 400 m2 (2.400 m3) für 700 Tonnen Lagerkapazität
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Die Saatzucht Gleisdorf hat in den letzten Jahren die Züchtungsaktivitäten für die Kultur Ölkürbis stark ausgeweitet. Dafür wurden unter anderen spezielle Forschungsprojekte mit Partnern wie der IFA Tulln, dem Land Steiermark oder der Landesversuchsanstalt Wies ins Leben gerufen. Jährlich werden ungefähr 7.000 Pflanzen handbestäubt, unzählige Virustests durchgeführt und auf 10 ha Fläche mit neuen Sorten Leistungs- und Praxiseignungsprüfungen in der Steiermark, Niederösterreich und im Burgenland organisiert. Mit den Hybridsorten Diamant und Gleisdorfer Express wurden die ersten virustoleranten Hybriden zugelassen. Weitere Zulassungen von neuen, leistungsfähigen Ölkürbissorten folgten jedes Jahr. Derzeit stellt die Sorte GL Rustikal die Hauptsorte im Ölkürbisanbau dar. Zuchtziele:
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Bei der Sojabohne steht die Entwicklung neuer Sorten in den Reifegruppen 000 bis 0 im Vordergrund. Die jüngsten Sorten aus dem Sojabohnen- Zuchtprogramm sind GL Hermine und GL Melanie – eine intensive Zusammenarbeit in der Züchtung gibt es mit Delley Samen Pflanzen AG (DSP Schweiz) und der Universität für Bodenkultur in Wien. Weiters ist die Saatzucht Gleisdorf Mitglied im Verein Donau Soja zur Förderung des mitteleuropäischen Sojaanbaues. Zuchtziele:
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2007 konnten mit Alexia, Gracia und Julia drei neue leistungsfähige, buntblühende Ackerbohnensorten der Saatzucht Gleisdorf zugelassen werden. Der traditionell langwüchsige Pflanzentyp wurde durch kontinuierliche Züchtungsarbeit in Richtung eines kompakteren, standfesteren Pflanzentyps verbessert. Die Sortenselektion passiert aus Kreuzungen von ertragsstarken und krankheitstoleranten Genotypen. Die Saatzucht Gleisdorf ist ein wichtiger Kooperationspartner im neuen EU-Forschungsprojekt Legato. Zuchtziele:
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Die Inzuchtlinien- und Hybridenzüchtung erfolgt in einem Reifebereich von FAO 220 bis 400. Schwerpunkt ist die Entwicklung von leistungsfähigen Körner- und Silomaissorten für die österreichische Anbauregion, aber immer stärker auch für Westeuropa und den zentraleuropäischen Raum. Im Zuchtgarten in Gleisdorf werden pro Jahr ca. 90.000 Handbestäubungen durchgeführt, die Leistungsprüfung der neuen Kreuzungen erfolgt in 18 europäischen Ländern auf ca. 30.000 Prüfparzellen. Neben der Entwicklung eigener Inzuchtlinien und der Erhaltung der umfangreichen Genbank bestehen zahlreiche Kooperationen mit europäischen Maiszuchtunternehmen. Zur Ausnutzung einer zweiten Vegetationsperiode behilft sich die Saatzucht Gleisdorf eines Winterzuchtgartens in Chile und Mexiko. Vor einigen Jahren hat man begonnen, Inzuchtlinien nach dem doppelhaploiden System zu entwickeln. Nach dem Übertritt von Herrn DI Reinhard Schultze in den Ruhestand hat Herr DI Jure Kolaric die züchterische Leitung für die Kultur Mais 2012 übernommen. |
Aufgrund der intensiven nationalen und internationalen Zusammenarbeit in allen Kulturen hat sich die Saatzucht Gleisdorf als erfolgreicher Dienstleistungs- und Servicebetrieb für zahlreiche Auftraggeber etabliert. Dienstleistungen: • Basissaatgutproduktion • Erhaltungszüchtung • Produktion von Experimentalhybriden • Ertragsversuche • Beobachtungstests und Krankheitsbonituren • Versuchsaustausch • Selektive Züchtungsaufgaben |